AKADEMIE FÜR KULTUR- UND WISSENSCHAFTSWISSENSCHAFT

INSTITUT FÜR STUDIEN DER MUSIKKULTUR DES PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUMES

ISMPS

neue diffusion
ein dokumentationsprojekt

MUSIK UND URBANISTIK

- METROPOLITANE KONTEXTE -

Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo


Universität Bonn
Seminar – WS 2003/04


35 Jahre des Studienprogramms Musik und Architektur
der Fakultät für Architektur und Stadtbau der Universität São Paulo (FAU USP) (1968/9)

In Zusammenhang mit dem parallel laufenden Projekt „Poetik der Urbanität“ der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS zur Vorbereitung eines interkulturellen Kolloquiums zum 450-Jahr-Gedenken der Gründung der Stadt São Paulo 2004


New York, New York von Frank Sinatra, Paris au mois d'août von Charles Aznavour gesungen und viele andere mehr: Städte werden in Liedern besungen, und diese prägen das Bild von Städten. Das Thema Musik und Urbanistik kann in zweifachem Sinn verstanden werden: Stadt in der Musik und Musik in der Stadt. Das Verhältnis zwischen Musik und Urbanistik kann als Urbanistik in der Musikforschung oder Musikforschung in der Urbanistik studiert werden, in der Musikwissenschaft oder in Fakultäten für Architektur.

New Xork. Foto A.A.Bispo

Musik bezieht sich sonst aber noch vielen anderen Weisen zu Städten, Stadtvierteln und urbanen Kontexten, und diese werden in ihrem Bild – in fremden Augen und in den eigenen Augen ihrer Einwohner – sowie im Leben der Menschen mit Musik assoziiert. Der Fado ruft unweigerlich das Bild Lissabons, insbesonders seines Viertels Alfama, in Erinnerung. Wenn Lissabon und vor allem die Alfama betrachtet werden, wird an Fado gedacht oder werden ihre Bilder mit Fado untermauert. Wenn Fado, sei es sozialgeschichtlich, in seinem Sinn und seinen Aussagen oder nach anderen Gesichtspunkten untersucht wird, so müssen Lissabon und insbesondere die Alfama berücksichtigt werden. Das Viertel wird von Menschen besucht, die Fado hören wollen, Lokale werben mit dem Auftritt von Fado-Sängerinnen, Fado prägt das Leben der Einwohner des Viertels. Gleichsam nach dem Prinzip pars pro toto wird Portugal als Ganzes mit Fado assoziert und Fado als portugiesische Musik schlechtin angesehen. Fado prägt fortan das Bild Portugals, und ihm wird somit eine Identitätsfunktion auch auf nationaler Ebene zugesprochen, auch wenn dies undifferenziert ist.

Museu do Fado in Lissabon. Foto A.A.Bispo

Ähnliche Beispiele der Beziehungen zwischen Musik und urbanen Räumen lassen sich in vielen anderen Kontexten anführen. Auch sie lassen die Komplexität dieser Assoziierungen, denen Stereotypisches anhaftet, erkennen. Der Samba wird mit Brasilien assoziert, prägt das Bild nicht nur von Rio de Janeiro, sondern des ganzen Landes, auch wenn er mit bestimmten sozialgeschichtlichen und regionalen Kontexten verbunden und weiten Regionen nicht eigen war. In der Vergangenheit wurde Brasilien eher mit Maxixe oder Modinhas assoziiiert. Die Historizität stereotypischer Assoziierungen zwischen Musik und urbanen Räumen, die Realitäten konstruieren, die für längerer Zeit verharren, Residuen hinterlassen und die Gegenwart prägen, ist in vielen anderen Fällen offensichtlich. New Orleans wird in seinem Bild von Jazz geprägt, was aus der Kolonial- und Sozialgeschichte der Sklaverei zu erklären ist, aber der Jazz erfuhr in seiner Entwicklung auch andere Verortungen, so beispielsweise in Chicago. Jazz wurde im 20. Jahrhundert als typisch amerikanisch in Europa angesehen, wurde je nach politischer Lage verfehmt oder gepriesen. Paris war früher die Hauptstadt der Vaudevilles und des Can Can, die noch heute die Atraktion von Moulin Rouge darstellen, während die Stadt nun und noch immer vom Chanson geprägt ist, das mit Paris assoziiert ist und in seiner Entwicklung Wandlungen des pariser Lebens widerspiegelt.

Montmartre, Paris. Foto A.A.Bispo

Buenos Aires – und Argentinien – sind ohne den Tango nicht vorstellbar, obwohl auch hier das Bild einseitig, unvollständig, plakativ ist. Es überdeckt die Beziehungen des Tango zu anderen Städten und Ländern und verdeckt andere populäre Tänze Argentiniens. Er ist mit einer Stadt und einem Land assoziiert, die von der italienischen Migration maßgeblich bestimmt waren, wird aber nicht nur im Stadtteil La Bocca und in Tanzlokalen und Bars, die das Stadtbild Buenos Aires prägen, sondern als Tanz international gelernt, praktiziert und als Ausdruck einer besonderen argentinischen Lebensweise erfahren. Auch beim Tango wird in der Musik etwas Wesenhaftes, Identitätsstiftendes gesehen, das mit einem Viertel, einer Stadt, einem Land in Wechselbeziehungen steht, obwohl es ein Ergebnis von Prozessen ist und somit veränderbar. Auch der Tango war wie in vielen anderen Fällen früher verfehmt in seiner ursprünglichen oder zugewiesenen Zugehörigkeit zu sozial unterprivilegierten Gesellschaftskreisen und erfuhr eine Aufwertung, gleichsam einer Nobilitierung, eine Aszendenz, die mit seiner Erweiterung im Raum korreliert, vom Viertel zur Stadt und zur Nation.

Stadtviertel Boca, Buenos Aires. Foto A.A.Bispo

Für komplexe Beziehungen zwischen Musik und Metropolen, in denen verschiedene Viertel mit eigenen ethnischen und sozio-kulturellen Konfigurationen, die durch Immigranten vom Ausland und Binnenmigranten eines Landes geprägt sind, bietet New York ein herausragendes Beispiel. Mit der Stadt – wie mit anderen kosmopolitischen Metropolen – wird zwar als Ganzes eher das Musical assoziiert,  einige Stadtteilen jedoch – wie die Bronx – werden in ihrem Bild von anderen Musikerscheinungen geprägt. Auch hier wird auch umgekehrt das Bild eines urbanen Kontextes von der Musik geprägt, die aus ihren Bedingungen entstanden ist. Zahlreiche andere Beispiele für Beziehungen zwischen Musik und Stadt in ihren vielfältigen Aspekten und Möglichkeiten der Analyse könnten angeführt werden, sei es für die Vergangenheit oder Gegenwart, für der Walzer in Wien, für die Zarzuela in Barcelona und Madrid, für die Bühnenmusik in der Theaterszene in Berlin um den Alexanderplatz, für den Reggae in Kingston u.v.a.m. Alle deuten auf die Unzulänglichkeit plakativer Assozierungen hin, die bei weitem nicht der Komplexität der Beziehungen zwischen Musik und Stadt und ihrer Wandelbarkeit in der Zeit gerecht werden, die aber auch Realitäten schaffen.

Eine aufmerksame Betrachtung soll gerade diese Veränderungen in den Beziehungen zwischen Musik und Stadt in Prozessanalysen beachten. In den Fokus der Aufmerksamkeit treten Prozesse der Verstädterung, der Veränderung von Peripherien und Vorstädten, der Ghettoisierung und Gentrifizierung in ihren Bezügen zu Veränderungen in bild- und identitätsprägender Musik. Eine Herausforderung bleibt das systematische Vorgehen bei der Analyse von Prozessen, die Anwendung adäquater Kriterien zu ihrer Durchführung.

Kapstadt. Foto A.A.Bispo

Entwicklung der Forschung

Die Studien des Verhältnisses zwischen Musik und Urbanistik setzten in den 1960er Jahren an der Universität São Paulo ein. In der Fakultät für Architektur und Städtebau entwickelten sie sich aus Studien zu den Beziehungen zwischen Musik und Architektur in den Fachbereichen Akustik, Kunstgeschichte und Ästhetik. Besonders in Theaterbauten und Auditorien verbindet sich die architektonische Akustik mit der Ästhetik des Projekts. Diese ist nicht unabhängig von der Umgebung und vom Kulturkontext. Im Leben der Städte spielen diese Bauten als Markzeichen und Referenzpunkte eine prägende Rolle. Die Brücke zu kulturwissenschaftlichen Analysen von Städten, urbanen Zentren und Entwicklungen werden damit offenkundig hergestellt. Das Programm zur kunstgeschichtlichen Erhebung von Theaterbauten und ihrer Bedeutung in der Entwicklung von Städten leitete zu Kulturanalysen von Städten in ihren Beziehungen zu musikbezogenen Referenzen und Monumenten über.

Diese kulturwissenschaftliche Annäherung begründete eine enge Zusammenarbeit mit den Musikstudien, der Sozialanthropologie und der empirischen Kulturforschung. Es wurden u.a. aus der Musikanalyse Begrifflichkeiten, Anhaltspunkte und Kriterien zu einer musikorientierten Analyse der Stadt gesucht. Wie in den „Traurigen Tropen“ eines Claude-Levy Strauss Konzepte der musikalischen Formen und Analysen auf die ethnologische Betrachtung angewendet wurden, so wurden im bebauten Stadtraum und in der Stadtphysiognomie Konsonanzen und Dissonanzen, Melodien, Rhythmen, Harmonien, Akkorde, dominantale und subdominantale Verhältnisse, Modulationen, Kontrapunkte und polyphone Stimmführungen zu erkennen gesucht. Andersherum wurden urbane Projekte als Musikpartituren aufgefasst, die Grundlagen zu Musikkompositionen boten.

Die Visualisierung einer räumlichen Gestaltung – nicht im Sinne der Architektur, sondern einer Stadt – wurde in Form einer Partitur bespielbar. Ein Beispiel für diesen Experiment war der „Suspiro Tonal“, der 1969 im Museu de Arte Contemporânea der Universität vorgetragen wurde. Die Zusammenarbeit mit der empirischen Kulturforschung, wie sie beim Museu de Artes e Técnicas Populares betrieben wurde, richtete die Aufmerksamkeit auf die spontane Entstehung von musikalischen Konnotationen von Stadtteilen in der Stadt. Dabei boten die Erwähnungen von Vierteln, Straßen und Plätzen in populären Liedern einen ersten Ausgangspunkt. Die Erhebung von spontan entstandenen Punkten von Begegnungen, bei denen Musik praktiziert wurden, von Musikvereinen, Samba-Schulen der verschiedenen Viertel u.a. erlaubte den Versuch einer Kartographie der Metropolen unter dem Aspekt der Beziehung des urbanen Raumes zur Musik.

Jardim da Luz, SP.Foto A.A.Bispo

Diese Vorgehensweise aus den 1960er Jahren entsprach in angepasster und akualisierter Form dem Ansatz von Gaston Bachelard in seinem Werk La poétique de l’espace von 1957. Sie führt dazu, die Fokussierung auf das Erleben des urbanen Raumes zu legen, auf den gleichsam musikalischen Einfluss des urbanen Raumes auf mentale und psychische Prozesse im Meschen und somit auf Fragen der Urbanität. Die Erfahrung der Metropole z.B. durch eine Straßenbahnfahrt, die Viertel mit verschiedenen Migrantenanteilen und entsprechenden Prägungen durchzieht, stellt im übertragenen Sinn eine musikalische Erfahrung dar, da sie Räumliches, Strukturen, Konstrukte in zeitlichen Verläufen erleben lässt. Diese Erfahrungen, Assoziationen und Überlegungen gaben Impulse zu Kunstaktionen, zu Happenings, bei denen die Musik unter verschiedenen Aspekten akustisch oder metaphorisch eine Rolle spielte.

Auf internationaler Ebene wurden die Studien ab 1975 in verschiedenen Städten durchgeführt. Die Beziehung zwischen Musik und Stadt bzw. urbanem Raum wurde in Kursen, Vorträgen und Tagungen thematisiert. 1987 wurde beim I. Kongress f´ür Musikwissenschaft Brasiliens ein Projekt des Instituts für Geographie Rio de Janeiros zur Analyse der Beziehung zwischen der Popularmusik und den Stadtvierteln Rio de Janeiros vorgestellt. Bei vielen Tagungen, die von der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft organisiert wurden, wurde das Thema behandelt. Dozenten und Studenten europäischer Universitäten wurden dabei in die Geschichte und sozio-kulturelle Konfiguration von Städten als Austragungsorten eingeführt. Sei es durch Straßenbahnfahrten im Viertel Santa Teresa in Rio de Janeiro, sei es von der Aussichtsplattform hoher Gebäude in São Paulo wurden die Beziehung von Stadträumen zur Musik erläutert. 2002 wurde das Thema der Urbanisierung des ländlichen Raumes sowie die Problematik des Ruralen/Urbanen in ihrer Begrifflichkeit und Interaktionen Thema einer Sitzung des Internationalen Kongresses „Musik, Projekte und Perspektiven“.

Urbanologisches Kolloquium 2004. Foto H. Huelskath

Vorangegangenes

2000/03. Projekt Poetik der Urbanität. Musikurbanologische Überlegungen in London, Bologna, Venedig, Genua, Mailand, Paris, Berlin, Wien Jena, Görlitz, Bautzen, Dresden, Breslau, Krakau, Bratislava, Prag, Athen, Epidaurus, Jalta, Santo Domingo, Santiago de Cuba, Samana. Studienzyklen der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS

2002. Rural/Tribal. II. Teil des Internationalen Kongresses Euro-Brasilianischer Studien – Musik, Projekte und Perspektiven. ISMPS unter Mitwirkung von Studenten der Universitäten Bonn und Köln, aus Portugal und Brasilien

2002. Der Weg des Goldes: vom Hafen zum Hinterland. Tagung im Rahmen des internationalen Kongresses Euro-Brasilianischer Studien in Paraty

2002. Sitzung zu Landschaft, Stadt und Musik. Roberto Burle-Marx und Darius Milhaud. Sítio Burle-Marx, IPHAN, Kongress Euro-Brasilianischer Studien

2002. Vortrag  zur Musik in Paraty im Rahmen der Ausstellung zu Julia Mann, Mutter von Thomas Mann. Landesvertretung Schleswig-Holstein, Bonn. Deutsche Welle

1999. Musik und Visionen. Internationaler Kongress. Deutsche Welle, Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/Köln unter der Schirmherrschaft der Brasilianischen Botschaft

1998. Reisen, Entdeckungen und Musikkulturforschung. Neue Technologien, Information und Dokumentation. Michael Hafner, Deutsche Welle, Internationales Kolloquium Anthropos Ludens, São Paulo

1996. Kolloquien zur Übergabe von Hongkong und Macau an China. ISMPS, Inter-universitäre Institute, Macau u.a.

1993/94. Erschließung Zentralbrasiliens und Amazoniens in ihren Auswirkungen auf die indigenen Gruppen. Projekt Musikkulturen der Indianer Brasiliens, gefördert durch das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland

1987. Vortrag von João Baptista Ferreira de Mello zur Raumorganisation von Rio de Janeiro aus der Sicht der Popularmusik, Geograph des Brasilianischen Instituts für Geographie und Statistik

1973. Verkehrs- und Handelswege und Netzwerke in der Musikkulturforschung. Kulturzentrum der Handelskammer. São Paulo

1972. Kulturkartografie der Metropole São Paulo – Zentren des Kultur- und Musiklebens. Arbeit Interdisziplinärer Graduierung. Fakultät für Architektur und Urbanistik der Universität São Paulo

1971. Studienreise. Erschließung der Küste von Süd-Bahia durch die Eröffnung der Küstenstraße und ihre Auswirkung auf das Kultur- und Musikleben. Fakultät für Architektur der Universität São Paulo, Fakultät für Musik des Musikinstituts São Paulo, Zentrum für musikwissenschaftliche Studien Nova Difusão. Conceição da Barra, Canavieira, Porto Seguro, Recôncavo u.a.

1970. Folkurbanismo. Vortrag und Debatte. Museu de Artes e Técnicas Populares. São Paulo

1970. Musik in Parks und Stadtvierteln. Herbst-Festival der Gesellschaft Nova Difusão und Kulturamt der Stadt São Paulo

1969. Initiativen zum Thema Architektur und Musik – Faunos da Pauta. Fakultät für Architektur und Urbanistik der Universität São Paulo

1968. Metropolitane Kulturmusikforschung. Geschichte und Identität von Stadtvierteln São Paulos. Gesellschaft Nova Difusão

Urbanologisches Kolloquium 2004 S. Paulo. Foto H. Huelskath

Das Seminar in Bonn 2003/04

In diesem Hauptseminar sollten die Beziehungen zwischen Musikwissenschaft und einer als Wissenschaft verstandenen Urbanistik bzw. Urbanologie erörtert werden. Wie die Musikwissenschaft als Wissenschaft nicht Komposition oder Musikausübung ist, so wurde die Urbanistik hier nicht im Sinne des Projekts oder der Stadtplanung verstanden, sondern als eine Urbanologie in kulturwissenschaftlichem Sinn. Dabei sollten die Erwägungen und Experimente früherer Jahren aktualisiert werden. Die Entwicklung der Technik mit ihren neuen technologischen und elektronischen Möglichkeiten beim Projektieren und Komponieren machte eine solche Aktualisierung von Denk- und Sichtweisen notwendig. Die Berücksichtigung von Begriffen, Auffassungen und kompositorischen Techniken in urbanen Projekten sowie umgekehrt Begriffe, Kriterien und Denkweisen der Architektur und Urbanistik im Musikschaffen mussten diesen neuen Möglichkeiten der Beziehungen zwischen Zeitlichem und Räumlichen auch in der Analyse entsprechen.

Das Seminar wurde von Studien und Überlegungen begleitet, die in mehreren Städten im Rahmen des Forschungsprogramms „Poetik der Urbanität“ der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft veranstaltet wurden. Sie dienten der Vorbereitung eines internationalen interdisziplinären Kolloquiums aus Anlass der 450-Jahr-Feier der Gründung von São Paulo im Jahr 2004, an dem Studierende der Universitäten Bonn und Köln teilnahmen.

Die Vielfältigkeit der Annäherungen an die Thematik war vorprogrammiert und erwünscht. Bei den Debatten sollte die Potenzialität einer musikologisch geleiteten Urbanologie und einer von der Fokussierung auf urbanologische Themen geprägten Musikforschung eruiert werden.

Diese Überlegungen wurden eingeleitet durch historische Betrachtungen über Zahl, Intervalle und Proportionen und somit über antike Erkenntnisse und Auffassungen. Nach einem Überblick über die Literatur zum Verhältnis von Zahl und Musik in der antiken Philosophie, insbesondere bei Pythagoras und den Pythagoräern, wurde an die Auffassungen über Zahl und Zahlenverhältnisse im gesamten System des antiken Weltbildes erinnert. Dadurch wurde die Aufmerksamkeit gerichtet auf alte Vorstellungen der himmlischen und der irdischen Stadt sowohl in der außer-biblischen als auch der biblischen Tradition. Es wurden die Kontinuität und die Wandlungen dieser Auffassungen in späteren Jahrhunderten erörtert. Das Hauptaugenmerk war jedoch kulturanalytischer Natur in Entsprechung einer kulturwissenschaftlich orientierten Musikforschung, deren Aufmerksamkeit sich auf Prozesse richtet. Die Berücksichtigung des spatial turn in den Kulturwissenschaften öffnete Wege zu neuen Betrachtungsweisen.

Ein internes Kolloquium galt Fragen von Peripherien und Zwischenstädten sowie des Peripheren und des Da-zwischen unter dem Aspekt der Musik. Diskutiert werden sollte, ob und wie das Stadtleben und heutige Veränderungen von Innenstädten und Verstädterung umliegender Räume Auswirkungen auf die Musik in ihren Bezügen zum Raum mit sich bringen.

Bei den Debatten sollte die Potenzialität einer musikologisch geleiteten Urbanologie und einer von der Fokussierung auf urbanologische Themen geprägten Musikforschung eruiert werden. Um dieses Vorhaben durchzuführen, wurde zunächst eine Auseinandersetzung mit Begriffen, Auffassungen und Ansätzen sowohl der Musikwissenschaft als auch der Urbanistik sowie mit der bisherigen Entwicklung der Überlegungen und Studien erforderlich. Auch wenn die Urbanistik in enger Beziehung zur Architektur studiert wird, verdient sie, in einem speziellen Seminar im musikwissenschaftlichen Studium berücksichtigt zu werden.

New York. Foto A.A.Bispo

Einführende Gespräche nach Texten und Kompositionen des Seminarleiters

Bispo, A.A..“Música e Arquitetura”  (1972). Brasil-Europa & Musicologia. ABE/ISMPS 1999, 17-88

----------. “Tempo, Espaço, Matéria. Uma introdução ao estudo da Estética” (1972), 17-24

----------. “Astronomia, Geometria, Cálculo, Música. O quadrivium e a Universidade” (1972), 25-28

----------. “O problema ético-estético na Arquitetura e na Música” (1972), 39-45

----------. “O problema existencial na Arquitetura e na Música (1972), 46-57

----------. “Urbanismo. Música e os Fundamentos da Expressão e Comunicações Humanas (1973), 57-74

----------. “A metrópole: múltiplas percepções e o estudo da cultura popular (1973), 75-88  

Bispo, A.A.. Poética da Urbanidade. Materiais para o Colóquio Internacional de Estudos Interculturais pelos 450 anos de São Paulo. Köln: ABE/ISMPS 2004

----------. “Urbanidade, fragmentações e reconfigurações”, Berlim

----------. “Poética e percepção do que move e impele”, Paris

----------. “Mutações e interculturalidade nas condições urbanas atuais”. Milão

----------. “Fisiononias e diálogos do urbano”. Viena

----------. “Processualidade da conquista e conversão na ordem simbólica”, Santo Domingo

----------. “Mecanismos de escravização da cidade terrena”, Ocho Rios-Jamaika

----------. “Análise diferenciadora de encenações reconstrutivas de identidades”, Santiago de Cuba

----------. “Crise Ecológica e problemas de método na análise de processos simbóilicos do urbano”, Samana

----------. “Novos processos interculturais de segregação e formação de enclaves”, San Pedro

----------. “Mudanças de paradigmas na concepção de vida ativa e a urbe”, Jena

----------. “Novas percepções e transformações de imagens”, Görlitz und Bautzen

----------. “Recuperação de imaagens e problemas de reconstrução histórica”, Breslau

----------. “Novas cidades mentais e comparações de imagens”, Krakau 2003

----------. “Da diversidade cultural à cultura das diferenças: polifonias na urbe”, Bratislava

----------. “Contecualismos no espaço urbano”, Edinburgo

----------. Problemas da valorização estético-ccultural do passado”, Dresden

----------. ”Diálogo com a substância histórica e a poética da ativação da matéria”, Praga

----------. ”O processo criador no Urbanismo, na Música e nas Ciências”, Genova 2003

----------. ”Em memória à Carta de Atenas: 70 anos do IV. Congresso Internacional de Arquitetura Moderna”,  ilhas Eólicas

----------. ”Culto à Sabedoria, Acrópole e São Paulo”, Atenas

----------. ”Tempo livre e cidades mentais”. Jalta

----------. ”Medicina, Arquitetura, Teatro e Música”, Epidaurus

----------. ”Caminhos da Arquitetura no presente e cultura”, Veneza

----------. ”Simbolismo cosmológico da organização espacial e a cidade atual”, Bologna

----------. ”Arquitetura non stanbdard”, Paris

----------. ”Biomimetismos, mutabilidade e adaptações”, Londres

Musik: Suspiros Tonais. “Comunicação Visual e Música” (1968). Brasil-Europa & Musicologia. Köln: ABE/ISMPS 1999, 31



Grundlagenpublikationen für die Erstellung von Referaten

Metzger, Ch. (Hg.). Musik und Architektur. Im Auftrag des Internationalen Musikinstituts Darmstadt. Saarbrücken: PFAU 2003

Referate:

----------. Zumthor, P. “Hat Schönheit eine Form?”, 13-27

----------. Leitner, B..”Ton-Räume, Klang-Architekturen”, 28-50

----------. HP Platz, R.. “Musikraumarchitektur: Raummusik”, 51-58

----------. Mundry, I.. “Choreographie des musikalischen Raumes”,  62-70

----------. Rihm, W..”Notizen zu Musik und Architektur”, 71-74

----------. Müller-Hornbach, G.. “Notizen zu Musik und Architektur”, 75-81

----------. Mahnkopf, C.-S.. “Architektur und neue Musik”, 82-97

----------. Böhme, G.. “Atmosphären: die Beziehung von Musik und Architektur jenseits physikalischer Vorstellungen”, 98-108


Prigge, W. (Hg.). Peripherie ist überall. Frankfurt/New York: Campus. Edition Bauhaus 1, hg. Von der Stiftung Bauhaus Dessau, 1998

Referate:

----------. Prigge, W.. “Vier Fragen zur Auflösung der Städte”, 6-12 (Fragmentierung, Individualisierung, Mediatisierung, Suburbanisierung, Stadt-Verhandlung),

----------. Marcuse, P.. “Muster und gestaltende Kräfte der amerikanische Städte”, 42-51

----------. Beauregard, R. A.. Edge Cities: Die Peripherisierung des Zentrums”, 52-61

----------. Keil, R.. “Die Entdeckung Amerikas in der Stadt”, 62-75

----------. Ronneberger, K.. “Urban Sprawi und Ghetto”, 84-91

----------. Mönninger, M., “Global Citiies und Mega-Cities”, 92-97

----------. Sieverts, T.. “Eine Deutung der Zwischen-Stadt”, 98-111

----------. Hoffmann-Axthelm, D.. “Peripherien”, 112-119

----------. Graham, D.. “Zweiweg-Spiegel-Macht”, 240-245

----------. Weber, S.. “Typentransfer: Jean-Luc Godards “Deux ou trois choses...”, 256-265

----------. Ohrt, R.. “Peripherie und Zentrum bei den Situationisten”, 266-275

----------. Vöckler, K.. “Psychoscape”, 276-288

----------.  Manzke, D.. “Vorläufige Orte”, 302-311

----------. Huber, J.. “Urbane Topologie als Mediatisierung”, 338-347

----------. Pocock, P./Wenz, F.. “Korrespondierende Identitäten”, 348-359

----------. Böhringer, H.. “Peripherie heißt wortwörtlich herumtragen”, 360-363

----------. Bittner, R..”Raum ohne Eigenschaften”, 364-371


Ryan, K. (Hg.). Soleri, Paolo.Itinerario di Architettura. Antologia dagli scritti. Mailand: Jaca Book 2003 (Fragments- A Selection from the Sketchbooks of Paolo Soleri, San Francisco: Harper & Row 1981)

Referate:

----------. ”Arcologia: La città a immagine dell'uomo” (1969), 45-62

----------. ”Sketchbooks” (1971), 77-114

----------. ”Il ponte tra materia e spirito è materia che diviene spirito. L'Arcologia di Paolo Soleri” (1973), 117-153

----------. ”Il seme omega: un'ipotesi escatologica”, 155-185

----------. ”Frammenti: una selezione dagli Sketchbooks” (1981), 187-247

----------. ”Arcosanti: un labortorio urbano?” (1983), 249-259

----------. ”Tecnologia e cosmogenesi” (1985), 261-280



Besprochene Publikationen

Ahrens, D.. Grenzen der Entäumlichung. Weltstädte, Cyberspace und transnationale Räume in der globalisierten Moderne. Opladen 2001

Amendoia, G.. La città postmoderne: Magie e paure della metropoli contemporanea. Bari: Laterza 2003 (1997, 2001)

Bachelard, G.. La poétique de l'espace. Paris:  Quadrige/Presses Universitaires de France, Paris 2001 (1957)6z

Chambers, I. Popular Culture. The Metropolitan Experience. London: Routledge 1986

Gebhardt, HJ., Reuber, P., Wolkersdorfer, G. (Hg.). Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicvklungen. Heidelberg, Berlin 2003

Gottdiener, M. The City and the Sign: An Introduction to Urban Semiotics. (Hg.) A. Lagopoulos. Columbia University Press 1996

Hall, P. Cities in Civilisation. London: HarperCollins 1997

Hall, S. Representation: Cultural Representations and Signifying Practices. London: Sage 1997

Hauser-Schäublin, B., Dickhardt, M. (Hgg.) Kulturelle Räume – räumliche Kultur. Zur Neubestimmung des Verhältnissens zweier fundamentaler Kategorien menschlicher Praxis. Münster, Hamburg, London 2003

Hubbard, P., Kitchin, R., Bartley, B. Fuller, D. (Hgg.). Thinking Geographically. Space, Theory and Contemporary Human Geography. London, New York 2002

Kaden, Ch., Kalish, V. (Hgg.). Musik und Urbanität Musik und Urbanität. Arbeitstagung der Fachgruppe Soziologie und Sozialgeschichte der Musik in Schmöckwitz, Berlin 26.-28.November 1999. Die Blaue Eule 2002.  (Musik-Kultur: Eine Schriftenreihe der Musikhochschule Düsseldorf)

Landry, C. The Creative City. A Toolkit for Urban Innovators. London: Earthscan 2000

Lefebvre, H.. The Production of Space. Oxford, Cambridge 1991

Low, S./Lawrence-Zúniga, D. (Hgg.). The Anthropology of Space and Place. Locating Culture. Malden, Oxford 2003

Löw, M.. Raumsoziologie. Frankfurt a. M. 2001

Maresch, R./Werber, N. (Hgg.). Raum-Wissen-Macht. Frankfurt a. M. 2002

Martin, E. (Hg.). Architecture as a Translation of Music. (Pampleht Architecture 16). Princeton Architectural Press 1994

Monestiroli, A.. La metopa e il triglifo: Nove lezioni di architettura. Bari: Laterza 2002

O‘Connor, J.. From the Margins to the Centre: Cultural Production and Consumption in the Post-industrial City. 1996 (Popular Culture in the City 13)

Reyes Schramm, A..”Ethnic Music, the Urban Area, and Ethnomusicology”. K. Kaufman Shelemay (Hg.), Ethnomusicology. History, Definitions, and Scope. New York: Garland 1992

Schmitt, G.. “Architektur im Informationsterritorium – ein Experiment” in, G. Schmitt, Architektur mit dem Computer. Zürich: Friedr. Vieweg 1996, 153 ss.

Sica, Paolo. Storia dell'urbanistica II,2: l'Ottocento, 4. ed.. Bari:Laterza 1992

Sieverts, T..”Die Zwischenstadt als Gestaltungsfeld” in Zwischenstadt zwischen Ort und Welt, Raum und Zeit, Stadt und Land, 3. Aufl. Basel/Berlin: Birkhäuser/Bertelsmann 2001 (1997,1998,1999), 103 ss.

Stikes, M.. Ethnicity, Identity and Music. The Musical Construction of Place. Oxford: Berg 1997

Ulm, H. (Hg.). Kultur Urbanität Moderne in Zentraleuropa um 1900. Studien zzr Moderne 4. Wien: Passagen 1999



Besprechung aktueller Projekte

Urban rumors (Hans Ulrich Obrist, Fri-Art/Fribourg)

Harvard Project on the City (Rem Koolhaas)

Use Network/Multiplicity-Projet. Relation between territorial Mutation and Self-Organization, Stefano Boeri, Francisca Insulza u.a.

Fragments of Net-Theory



Besprechung von Tonbeispielen

Masima Akita (Tokyo) Ikebukuroà dadatexture

Justin Bennet (Barecloina): rumours/resonances

Janett Cardiff (Vancouver): Missing Voice

Serge Comte (Paris): Reykjavik, Les Canards, Les oles, Les Cygnes

Carl Michael von Hausswolff (Stockholm): An abstract model for something that, in Intervals, Occurs all the time

Sarat Maharaj & Goldsmith (London): Xenosonics

Pascala Marthine Tayou (Brüssel): Deep Deep

Franz Pomnassi (Wien): Aircra 1

Natasha Sadr Haghinghlan & Rashad Becker (Berlin: Play-Display

Kim Sooja (New York): Cities on the move, Mexico City

Mika Valnio (Barceloina): Ilmanvaihto (Air-ventilation)



Herausragende Seminararbeiten

Julia Drexler. „New York, New York, a helluva town…“ Eine Studie über die Entstehung der Gattung des Musicals in New York in Gegenüberstellung zur Repräsentation der Stadt innerhalb des Musicals On The Town.

Paulo Eugênio de Freitas Peres. Música Nova e Urbanização de Santos

Martin Straka. Bronx-Rap. Zur Rolle der Musik bei der Identitätsbindung in Segretationsräumen

Benedikt Pott. Vom Gebetsraum zur musikalischen Gattung - Zu den Beziehungen des Oratoriums zur Stadt Rom