AKADEMIE FÜR KULTUR- UND WISSENSCHAFTSWISSENSCHAFT

INSTITUT FÜR STUDIEN DER MUSIKKULTUR DES PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUMES

ISMPS

neue diffusion
ein dokumentationsprojekt

MUSIK UND SYMBOLIK

Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo


Universität Bonn
Seminar – WS 2002/03


Im Anschluss an den
Internationalen Kongress „Musik und Visionen“, Deutsche Welle
Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS 1999

250 Jahre nach der Erscheinung von
Allgemeine Geschichte der Länder und Völker von America 1. Theil (Halle 1752)

von Joseph-François Lafitau S.J. (1681-1746 )

- zur Geschichte symbolischer Religions- und Musikwissenschaft -
Im Zentenarjahr von Marius Schneider (1903-1982)



Musik und Symbolik lässt sich als Symbolik in der Musik und als Musik in der Symbolik betrachten, wenn auch sich beide aufeinander beziehen bzw. gegenseitig bedingen. In beiden Fällen ist nach allgemeinem Sprachgebrauch der Begriff Symbolik umfassend und nicht näher differenziert aufgefasst als eine Lehre oder ein Wissensgebiet, das ein Repertoire von Symbolen behandelt. In diesem allgemeinen Verständnis sind Symbole durch die Sinne wahrnehmbare Bedeutungsträger – bzw. deren innere Vision –, die einen Sinngehalt besitzen, auf den das Gesehene oder Vorgestellte hindeutet. Danach umfasst die Symbolik oder die Formulierung „symbolische Sprache“ nicht nur die Symbole im eigentlichen Sinn, sondern sinnbildliche Figuren, Zeichen, Signale, Signa, Allegorien, Embleme u.a. Trotz aller Schwierigkeiten ist eine Bemühung zur Präsizierung von Begriffen für eingehende Betrachtungen angeraten. Ein Zeichen, das auf etwas hinweist, das es selber nicht ist, unterscheidet sich von einem Signum oder Symbol im eigentlich Sinne. Ein Zeichen auf einem Verkehrsschild, das auf eine Richtung hindeutet, ist etwas anderes als eine Ampel. Signum ist eher etwas wie ein Abzeichen auf einer Feldstandarte oder Flagge. In Texten werden allerdings Präsizierungen nicht immer beachtet. Ein Beispiel ist das Kreuzzeichen. Das Kreuz ist für Christen ein Signum (in hoc signo vinces), wird aber von vielen Autoren allgemein als Symbol bezeichnet. Das Symbol umfasst in sich eine Fülle von Sinnaussagen. Versuche, diese und anderen Begriffe näher zu präsizieren, tragen zur Schärfung der Aufmerksamkeit bei der Betrachtung des Verhältnisses zwischen Symbolik in der Musik und Musik in der Symbolik bei. Bei allen Unterscheidungen geht es vorrangig um – wahrnehmbares oder in der Vorstellung abgebildetes – Visuelles. Auch wenn es um Textfiguren oder Zahlensymbolik geht, handelt es sich letztlich um Sinnbildliches, Visuelles.



Symbolik in der Musik

Visuelles und Sinnbilder in der Musik betreffen zunächst die Notation, sei es in den zu Konventionen gewordenen tradierten schriftlichen Notierungen, sei es in der Grafik zeitgenössischer Musik. In der Partitur einiger Werke sind sinnbildliche Elemente ihrer Strukturierungen, Tonfolgen, Wendungen u.a. herauszuanalysieren. Sie wurden beim Schaffensprozess als Mittel der Gestaltung und der satztechnischen Erarbeitung von den Komponisten eingearbeitet. Sie sind in der geschriebenen Partitur zu analysieren, aber nicht beim Hören unmittelbar zu erkennen. Der Komponist orientiert sich bei sinnbildhaftem Musikschaffen nach dem Text bzw. den Wörten – z.B. aufsteigend oder absteigend, langsam oder schnell, springend oder schleichend, laut oder leise – oder musiktheoretisch satztechnisch nach Strukturprinzipien und -elementen oder Zahlenverhältnissen des Musiksystems. Eine solche Verfahrensweise ist die Verwendung der Tonfolge b-a-c-h als Entsprechung zum Namen des Komponistens in der Kunst der Fuge (BWK 1080). Damit kann die lesbare saztechnische Entsprechung Zeichen für etwas anderes sein. So wird oft auf den Dreiklang beim Text et hi tres bei Monteverdis Marienvesper als Zeichen der gemeinten Dreifaltigkeit hingewiesen. Die Betrachtung der Figuren- und Affektenlehre in der Musikrethorik früherer Jahrhunderte sind in diesem Sinne nicht nur historisch anhand von Aussagen von Musiktheoretikern der Zeit zu analysieren, sondern nach Ansätzen der Studien zur Visuellen Kommunikation.

Verfahrensweisen der musikalischen Gestaltung, die auf Visuellem – oder in der Vorstellung Visualisiertem – basieren, sind auch in der Volksmusik oder in der Musik außereuropäischer Musiktraditionen festzustellen. So erklärt sich auch, dass Strukturprinzipien von Musikethnologen erkannt wurden, die denen der Figuren- und Affektenlehre der europäischen Tradition ähneln.

Unter dem Komplex Symbolik in der Musik kann auch die Symbolik der Musikinstrumente betrachtet werden, denn durch sie wird die klanglich wahrnehmbare Musik vernommen. Die äußere Erscheinung eines Instruments, aber auch das Material und die Eigenarten der Klangerzeugung können zeichenhaften Charakter haben. Sie sind Bedeutungsträger, was visuell oder aber klanglich wahrgenommen werden kann. Der zugrundeliegende Sinn, wofür sie stellvertretend stehen oder worauf sie hindeuten, kann durch Ausschmückungen, Zeichnungen, plastische Gestaltungen verdeutlich werden. Durch eine Sackpfeife mit ihren animalischen Merkmalen werden nicht nur Assoziationen zum ländilich-rustikalen Hirtenleben geweckt, sondern sie verweist auf einen Menschen, der erdverbunden ist, theologisch in übertragendem Sinn fleischgebunden, was ihre Anwendung in Weihnachtskompositionen erklärt, da es hier um Inkarnation geht. Beim Hören einer Weihnachtsmusik, die satztechnisch das Spiel eines Dudensacks abbildet, wird das Instrument und das, auf was es hindeutet,  präsent. Das Instrument als Bedeutungsträger, vernommen in der erklingenden, wahrnehmbaren Musik gehört zum Komplex der Symbolik in der Musik.

Das Erkennen der Zeichenhaftigkeit der Musikinstrumente ist von grundsätzlicher Bedeutung für eine kulturwissenschaftlich orientierte Organologie, die sich nicht begnügt, nach den oberflächlichen, konventionell gewordenen systematischen Klassifikationen vorzugehen, z.B. derjenigen, die sich mit den Namen von Curt Sachs (1881-1959) und Hornbostel (1877-1935) verbindet. Die Lektüre der Instrumente als Bedeutungsträger verlangt allerdings Wissen über mythologische Zusammenhänge, in die sie sich einfügen und die aus der Antike stammen. Sie sind vielfach mit Personifizierungen verbunden, mit Göttern und Helden, und somit mit paradigmatischen Menschentypen, die handeln, sich bewegen, die von ihrer Abstammung und ihrem Kontext geprägt sind, sich verändern und bei der Veränderung einwirken. Die Instrumente hängen nicht mit statischen, sondern mit dynamischen Gestalten und mit Prozessen zusammen. So ist beispielsweise die Lyra – das Sinnbild der Musik schlechthin, das Instrument von Orpheus – nur organologisch in ihrem tieferen Sinn zu ergründen, wenn sie im Kontext der Mythen über ihre Erfindung durch Hermes, der sie Apollon weitergab, gesehen wird. Ihre Erfindung aus der getöteten und ausgehölten Schildkröte verweist auf eine Wandlung, auf einen Prozess der Veränderung, den Tod des Animalischen und die Geburt eines Instrumentes in übertragenem Sinn. Diese mythische Erzählung macht verständlich, dass das Bild der Lyra den Saiteninstrumenten zugrunde liegt, die aus dem Panzer von Schildkröten oder Gürteltieren angefertigt werden – oder deren Entsprechungen aus Holzkörpern – und Kugelrasseln bei Musikpraktiken von Menschen ersetzen, die sich um Verlaufe der Verchristlichung verändern, wie aus der Missionsgeschichte zu entnehmen ist. Die organologische Symbolik verweist auf Prozesse und kann nur adäquat von einer prozessorienten Musikforschung studiert werden.



Musik in der Symbolik

Die Instrumente können aber auch in visuellen Darstellungen – Zeichnungen, Gemälden, Plastiken, Architektur u.a. – abgebildet werden oder gar ihnen zugrunde liegen und gehören in diesem Fall zum Komplex der Musik in der Symbolik. In diesem Fall erklingen sie nicht in sinnlich wahrnehmbarer Form, sind aber Bedeutungsträger in einem Gesamtzusammenhang der visuellen Sprache als Zeichen, Signale, Symbole u.a. Sie können in diesem Sinn teilnehmen und mitwirken an Allegorien, die Personifizierung abstrakter Begriffe und Auffassungen sind. So werden Sackpfeifen, genau wie Flöten, Rasseln und Schellentrommeln, in Krippen, pastoralen Gemälden und Inszenierunge bildlich dargestellt. Die höchste Darstellung eines Instruments ist die Lyra als Konstellation im Himmel. Sie steht hier in der Mitte der gesamten Zusammenhänge der Sternbilder. Sie alle sind mit mythologischen Figuren dargestellt, die auf Mythen hinweisen, auf Prozesse. Die im Mythos erzählte Erfindung der Lyra aus einer Schildkröte verweist auf eine Transformation, die den gesamten Kosmos, d.h. das Welt- und Menschenbild betrifft.

Auch in der biblischen Schrifttradition werden Musik und Musikinstrumente erwähnt, die in ihrem bildhaften Sinn verstanden werden sollten. Sie können und sollen nicht wortwörtlich und nur mit äußerster Vorsicht als Zeugnisse für die tatsächlichen Musizierpraktiken der alten Völker verstanden werden. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der die Musik betreffenden Zeichensprache ist auch bei der Betrachtung von Aussagen über Musik und Musikinstrumenten in der biblischen Schrifttradition erforderlich. Ein vielfältiges Repertoire von Zeichen außerbiblischen und biblischen Ursprungs wurde in Texten christlicher Autoren, in Darstellungen christlicher Kunst und in Spielen des europäischen Volksbrauchtums bis in die Gegenwart überliefert.





Zur Entwicklung der Studien

Wie das Studium der Symbolik in der Musik, so ist die Beschäftigung mit der Musik in der Symbolik nicht neu. Da von der Antike nur karge Fragmente notierter Musik überliefert worden sind, wurde die Erwähnung von Musik und Musikinstrumenten in Mythen als Stütze für historische Rekonstruktionen verwendet. Von den älteren Autoren sei an Jules Combarieu (1859-1916) erinnert, dessen La musique et la magie (Paris 1909) eine weltweite Verbreitung durch Übersetzungen erfuhr und das Interesse für Fragen der Musiksymbolik in Konservatorien mehrerer Länder prägte.

Die Bedeutung dieser Annäherung an Zeiten, für die keine oder nicht ausreichende Quellen vorhanden sind, mag erklären, dass die Behandlung der Symbolik vielfach Überlegungen und Hypothesen zu Ursprungsfragen diente. Dieses Interesse für Anfänge äußert sich in Texten zur Musiksymbolik in ihrer allgemeinen, weltumfassenden Natur, wie sie sich in älteren Arbeiten der Vergleichenden Musikwissenschaft finden. Unter den Musikwissenschaftlern ist Marius Schneider hervorzuheben, der mit seinen Studien einen maßgeblichen Einfluss auf die Musik- und Kulturforschung in vielen Ländern der Welt ausübte. Wenn auch seine Deutungen heute unter vielen Aspekten Überprüfungen verlangen, so trug Schneider mit seinen Publikationen zu grenzüberschreitenden Perspektiven und Vorgehensweisen bei, die zu einer kulturwissenschaftlichen Neuorientierung der Forschung führten. Da die Beschäftigung mit Musik und Symbolik nicht neu ist, muss ihre Literatur im Kontext der jeweiligen Zeit und nach den Denk- und Sichtweise ihrer Autoren betrachtet werden. Die angemessene Betrachtung des Themas erfordert Analysen der Positionen der Forschung selbst, Ansätze und Interpretationen, die vielfach auch mit esoterischen Vorstellungen verbunden waren. Es geht somit primär um eine Erforschung der Forschung, deren Kontextualisierung, Ausbreitung und Folgen.

In dieser Hinsicht ist die Auseinandersetzung mit den Studien zu Musik und Symbolik, deren Ansätzen, der aufgestellten Ursprungshypothesen und Interpretationen zugleich kultur- und wissenschaftswissenschaftlicher Natur.

Eine Linie des Denkens bei der Erforschung der Beziehungen zwischen Musik und Symbolik führt auf Brasilien am Ende der 1960er und Anfang der 1970 Jahre zurück. Die Verbreitung und Intensität des Umbanda-Kultes und vergleichbarer Religionsformen sowie die Tradition esoterischen, theosophischen und anthroposophischen Denkens führte die Bedeutung der Symbole und die Notwendigkeit vor Augen, adäquate Ansätze zu ihrer Erforschung zu finden. Im Rahmen der Erneuerung der volkskundlichen Forschung und der Einführung der Musikethnologie im Hochschulstudium trat ins Bewusstsein, dass die Musiksymbolik im Rahmen einer weitgefassten Symbolik zu betrachten ist, d.h. Musik in der Symbolik ist Voraussetzung für die Betrachtung der Symbolik in der Musik. Mehrere Studien und akademische Arbeiten wurden über die Kultformen und die Bildersprache von tradierten Spielen, Inszenierungen und Tänzen durchgeführt. 1971 wurden Gespräche über die Zeichensprache tradierter Festpraktiken der Weihnachtszeit im Nordosten Brasiliens an der Bundesuniversität Alagoas geführt, die zu den bedeutendsten Momenten dieser Studien und Überlegungen zählten. Zugleich wurde aber die Notwendigkeit erkannt, diese Diskussion über die Bildersprache, die in der Volkskunde und Ethnologie geführt wurde, in Einklang mit den rezenten Ansätzen der Informations- und Kommunikationstheorie zu bringen.

Die Auseinandersetzung mit Fragen zu Musik und Symbolik in der Lektüre visueller Darstellungen wurden ab 1975 vor allem mit Heinz Ladendorf am Kunsthistorischen Institut der Universität Köln weitergeführt. Das Bild Apollons und der Streit Apollon-Marsyas stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Erforschung der Bildersprache wurde vor allem von grundsätzlicher Bedeutung für die musikethnologischen Studien, die in der Sektion Musikethnologie des Instituts für hymnologische und musikethnologische Studien 1977 einsetzten. Bei dieser Arbeit wurde die Erforschung von Zeichensystemen in außereuropäischen Kulturen mit der Erforschung der Bildersprache des europäischen Welt- und Menschenbildes verbunden, die durch Interaktionen miteinander in Beziehungen treten. Das Bild von Orpheus mit der Lyra als Typus Christi wurde als Leitbild für die Auseinandersetzung und die Arbeit der musikethnologischen Sektion gewählt und in Vorträgen und Debatten bei Kursen und Tagungen besprochen. So wurde die Lyra in der Bildersprache, die der Viola zugrundeliegt, bei der Eröffnung des Internationalen Symposiums Kirchenmusik und Brasilianischen Kultur 1981 behandelt. Diese Auseinandersetzungen prägte alle darauffolgenden Überlegungen zur Gitarre und verwandten Saiteninstrumenten der folgenden Jahrzehnte. 1997 stand diese Symbolik im Mittelpunkt des Internationalen Kolloquiums Anthropos ludens, das die Gestalt des hl. Gundizalvus, der sinnbildlich als Gitarrenspieler erscheint, diskutierte. Die Verwandlung der Instrumente in Zusammenhang mit Wandlungen des inneren Menschen wurde in einem Medienprojekt Thema zur Eröffnung des Internationalen Kongresses Musik und Visionen, der in der Deutschen Welle von der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS 1999 veranstaltet wurde.






Vorausgegangenes

1999. Bildersprache in Festtraditionen des Jahreskreises. Musik und Visionen in der Religion. Ausstellung und Vorträge. IV. Internationales Symposium Kirchenmusik und Brasilianische Kultur. Musikethnologische Sektion des Instituts für hymnologische und musikethnologische Studien. ISMPS. Brasilianische Bischofskonferenz, Universität Köln u.a. Maria Laach

1998. Anthropos ludens. Bild und Bedeutung von Musik- und Tanztraditionen des Gonçalo-Kultes in Portugal und Brasilien. Internationales Kolloquium. Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS, Nationalkommission für portugiesische Entdeckungen, Entdeckungskommission von Lagos, Universität von São Paulo u.a. Joanópolis und Ubatuba. São Paulo

1997-2002. Vorlesungsreihe Musik in der Begegnung der Kulturen. Universität Köln

1993-1994. Indigene Musik und Visuelle Kunst. Programm indigener Musikkulturen mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland, Museu do Indio, FUNAI, indigenistischer Missionsrat, Universitäten Zentralbrasiliens und Amazonien, Kulturhaus von Rio Branco, u.a.

1992. Grundlagen der Musikkultur. 500. Jahr der Entdeckung Amerikas. II. Brasilianischer Kongress für Musikwissenschaft. Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft. Bundesuniversität von Rio de Janeiro, ISMPS u.a. Rio de Janeiro

1989. Christliche Traditionen und Synkretismus. Austellung und Vorträge.  II. Internationales Symposium Kirchenmusik und Brasilianische Kultur. Speyer, Kiedrich, Eibingen, Maria Laach und Bonn. Musikethnologische Sektion des Instituts für hymnologische und musikethnologische Studien, ADVENIAT, ISMPS, Universitäten Brasiliens u.a.

1987. Filmvorführung und Debatten. I. Brasilianischer Kongress für Musikwissenschaft. Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft, Kultursekretariat des Staates São Paulo, UNESP, ISMPS, Bundesuniversitäten Rio de Janeiro, São Paulo, Goiás, Brasília u.a.

1984-85. intrinsische Anthropologie in der Bildersprache von Traditionen Lateinamerikas. Interationales Symposium Europäische Gemeinschaften und Königliches Musikkonservatorium Brüssel. Brüssel

1977. Musikethnologie, symbolische Theologie und Systematik der Zeichensprache. Eröffnung der Arbeiten der musikethnologische Sektion des Instituts für hymnologische und musikethnologische Studien. Maria Laach

1976. Zusammenarbeit mit H. Hüschen. Musikalische Figuren/Affektenlehre. Musikwissenschaftliches Institut Köln

1975. Zusammenarbeit mit H. Ladendorf. Mythologische Motive in der Malerei. Kunsthistorisches Institut der Universität Köln

1973. Woche der Kunst. Musik, Bildende Künste, Plastik, Theater, Film. Interdisziplinarität und Polyvalenz. Fakultät für Musik und Kunsterziehung des Musikinstituts São Paulo

1972. Vorlesungen zu Marius Schneider u.a. Fachbereiche Musikethnologie und Ästhetik. Fakultät für Musik und Kunsterziehung des Musikinstituts São Paulo

1972. Studien und Kolloquien zur Bildersprache des Weihnachtsfestkreises des Nordostens Brasiliens. Zentrum für musikwissenschaftliche Forschungen der Gesellschaft Nova Difusão, Museu de Artes e Técnicas Populares, Fachbereich Musikethnologie der Fakultät für Musik des Musikinstituts São Paulo, Bundesuniversität Alagoas u.a.

1971. Blow Up. Musik und Visuelles in der Massenkommunikation und Konsumgesellschaft. Die Konstruktion des Bildes. Mit Rogério Duprat u.a.

1970-1973. Musik und Symbolik in der Anthroposophie und Musikgeschichte. Escola Higienópolis (Waldorf). São Paulo

1969. Visuelle Kommunikation. Redina Katz. Fakultät für Architektur der Universität São Paulo

1968. Ästhetik und Kunstgeschichte. Flavio Motta. Fakultät für Architektur der Universität São Paulo








Zum Seminar in Bonn 2002/03 

Im Sommersemester 2002/03 wurde an der Universität Bonn das Proseminar Musik und Symbolik veranstaltet. Ihm ging der Internationale Kongress „Musik und Visionen“ in der Deutschen Welle voraus. Das Seminar hatte das Ziel, Studierenden zu Beginn ihres Studiums der Musikwissenschaft die Bedeutung der Bildersprache, des Visuellen in der Musikforschung in seinen verschiedenen Aspekten nahe zu bringen. Gleichzeitig sollten sie durch die Beschäftigung mit Fragen des Zeichens und des Zeichenhaften Zugang zu rezenten Ansätzen der Kulturwissenschaft und der Musikforschung erhalten, die interdisziplinär mit Studien zu Medien und Kommunikation interagieren. In diesem Proseminar wurde das Zeichenrepertoire – Signale, Allegorien, Symbole – im Einzelnen und in seinen Zusammenhängen besprochen. Zudem wurden Bezüge und Analogien zur Bildersprache in außereuropäischen Musikkulturen aufgezeigt.

Das Seminar knüpfte an die lange Tradition der Studien an, die von Martin Vogel (1923-2007) im Sinne einer systematischen Musikwissenschaft in Bonn durchgeführt wurden. Die Publikationen, die von der von ihm geprägten Gesellschaft für systematische Musikwissenschaft herausgegeben wurden, sollten besprochen werden. Die veröffentlichten Studien, die unterschiedliche Annäherungsweisen offenbaren, sollten – wie die von Werner Danckert (1900-1970) – aus einer Perspektive betrachtet werden, die die Zeit ihrer Entstehung und die Orientierung der jeweiligen Autoren berücksichtigt. Beii manchen Publikationen ist zu erkennen, dass die Fülle der verarbeiteten Materialien Raum zu Interpretationen gab, die eine Überprüfung der zugrundeliegenden Kriterien erforderlich machen. Dieser Ansätze sollten unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse und Überlegungen aktualisiert werden. Eine Wiederaufnahme unter neuen Prinzipien der Debatte über das Verhältnis Musik und Symbolik sollte Impulse gewinnen aus theoretischen Ansätzen zur Neuorientierung einer Kulturwissenschaft, die über symbolische Ordnung (Clifford Geertz) reflektiert und vor allem auch das Zeichenhaften in ihrem iconic turn besonders beachtet.

Nach einführenden Betrachtungen über die Bedeutung der Thematik wurde der Stand der Forschung anhand der Bibliographie besprochen. Auf  offene Fragen, Probleme und laufende Studien wurde hingewiesen. Anschließend wurden die Begriffen in ihren Bedeutungen – Zeichen, Symbole, Signa, Allegorien, Embleme, Sakramente u.a. – näher betrachtet.

Bei der Besprechung der Literatur wurden auch ältere, vergessene oder in der Musikforschung wenig berücksichtigte Texte kommentiert. Vor allem wurden das Werk und die Auffassungen von Joseph-François Lafiteau S.J. (1681-1746 ) eingehend besprochen, der mit seinem „Die Sitten der amerikanischen Wilden im Vergleich zu den Sitten der Frühzeit“ als eine historische Hauptgestalt, wenn nicht gar als Begründer der vergleichenden Religionsforschung und der vergleichenden Musikwissenschaft gelten kann. Das Studium dieses Werkes bietet bedeutende Anregungen zur Analyse von Prozessen der Veränderung von Sinndeutungen von Musik und Musikinstrumenten, die durch die Missionare in den ersten Jahrhunderten der Expansion Europas in die außereuropäischen Welt in Gang gesetzt wurden. Das Werk, das eingehend Auffassungen zu einem symbolischen Verständnis von Religion bei antiken Autoren bespricht, rief zu seiner Zeit verständlicherweise theologische Kontroversen hervor, verdient jedoch heute, eingehend betrachtet zu werden.

Ein erster Teil des Seminars diente Themen, die bisher hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, in der Musikforschung beachtet werden, z.B. zur Symbolik der Musikinstrumente. Studien zur Symbolik in der Musik des Mittelalters, der Renaissance, des Barocks und der Romantik wurden in mehreren Sitzungen anhand von Beispielen besprochen. Eine besondere Sitzung wurde dem Visuellen in Werken der zeitgenössischen Musik gewidmet.

Gemäß dem Hauptinteresse des Seminars wurde die Aufmerksamkeit jedoch vornehmlich auf die Musik in der Symbolik gerichtet. Der Fokus des Interesses galt der symbolischen Sprache in ihrer höchsten Verortung, nämlich im Sternenhimmel. Die Betrachtung der Musik im Zentrum des im Himmel dargestellten Bildersystems sollte das Bewusstsein für die Bedeutung des Studiums des Verhältnisses zwischen Musik und Symbolik schärfen, da es die Welt- und Menschensicht betrifft, die den Menschen bis heute kulturell konditioniert.








Besprochene allgemeine Literatur

Belting, H. Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft. München 2001

Boehm, G. "Die Wiederkehr der Bilder", in Gottfried Boehm (Hg.). Was ist ein Bild? München 1994, 11-38

Böhme, G. Theorie des Bildes. München 1999

Geertz, C. The Interpretation of Cultures. New York 1973 (dt. Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt a.M. 19839.

Heinrichs, H.-J. "Der fremde Blick oder Vom Hören und Sehen in Psychoanalyse, Ethnologie und Kiunst". Grenzgänger der Moderne. Essays. 2.Aufl. Hamburg. Europ. Verlagsanstalt 1994,, 15-41

Heintz, B./Huber, J. (Hg.). Mit dem Auge denken. Strategien der Sichtbarmachung in wissenschaftlichen und virtuellen Welten. Zürich, Wien, New York 2001

Mirzoeff, N. (Hg.). The Visual Culture Reader. 2.Aufl. London, New York 2002


Besprochene Literatur

Bergier, N. La Musique Speculative. Hg.und übers. E. Jost. Köln: Arno Volk  1970

Danckert, W. Symbol, Metapher, Allegorie im Lied der Völker. Aus dem Nachlass hrsg. Von H. Vogel. Bonn-Bad Godesberg: Verlag für systematische Musikwissenschaft 1977

------------. Musik und Weltbild. Morphologie der abendländischen Musik. Bonn-Bad Godesberg: Verlag für systematische Musikwissenschaft 1979 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik  27)

Giesel, H. Studien zur Symbolik der Musikinstrumente im Schrifftum der alten und mittelalterlichen Kirche. Regensburg : Bosse 1978. (Kölner Beiträge zur Musikforschung 94)

Hüschen, H. "Die Orgel im Symboldenken des Mittelalters". C. Wolff (Hg.). Festschrift für Marius Schneider zum 75. Geburtstag. Kassel, Basel,. London 1985, 78 ff.

Jansen, M.  "Bachs Zahlensymbolik, an seinen Passionen untersucht". Bach-Jahrbuch 34. (1937), 96-117

Münxelhaus, B. Pythagoras musicus. Zur Rezeption der pythagoreischen Musiktheorie als quadrivialer Wissenschaft im lateinischen Mittelalter. Bonn-Bad Godesberg; Verlag für systematische Musikwissenschaft 1976 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik  19)

Parra, J.D. (Hg.), La Simbología, Grandes Figuras De La Ciencia De Los Símbolos". Montesinos/Biblioteca de Divulgación Temática 71, Enero 2001, 177-88

Profgner, H. Die Zwölfordnung der Töne. Zürich, Leipzig, Wien: Amalthea1953

Reis, H. Harmonie und Komplementarität. Harmonikale Interpretation des pythagoreischen Lehrsatzes. Bonn-Bad Godesberg: Verlag für systematische Musikwissenschaft 1983 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik  33)

Schering, A. Das Symbol in der Musik. Leipzig: Koehler & Amelang 1941

Schlesinger, M. Geschichte des Symbols. Ein Versuch. Reprint. Hildesheim: Olms 1967 (Berlin 1912)

------------. Symbolik in der Tonkunst (Grundlagen und Geschichte des Symbols Kap 8). Berlin: 1930

Schneider, M. "Die historischen Grundlagen musikalischer Symbolik". Die Musikforschung IV (1951), 113-144

------------. Origin of the Symbol in the Spirit of Music. 1959

------------. "Le rôle de la musique duns la mythol. et les rites des civilisations non européens". Histoire de la musique, I/1: Enciclopédie de la Pléade, Paris 1960, 131-214;

------------. Klangsymbolik in fremden Kulturen. Lafite 1979

Schnitzler, G. (Hg.). Musik und Zahl. Interdisziplinäre Beiträge zum Grenbereich zwischen Musik und Mathematik.  Bonn-Bad Godesberg; Verlag für systematische Musikwissenschaft 1976 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik  17)

Thiemer, H.. Der Einfluß deer Phryger auf die altgriechische Musik. Bonn-Bad Godesberg: Verlag für systematische Musikwissenschaft 1979 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik  29)

von Thimus, Albert Freiherr. Die harmonikale Symbolik des Alterthums 2 Bde. Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms 1988 (Köln 1868)

Vogel, M.. Onos Lyras. Der Esel mit der Leier. Düsseldorf:  Gesellschaft zur Förderung der systematischen Musikwissenschaft 1973 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik 13 u.14)

------------. Chiron, der Kentaur mit der Kithara 2 Bde. Verlag für systematische Musikwissenschaft 1978 (Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik 25 u. 26)

Wittmann, M. Vox atque sonus. Studien zur Rezeption der Aristotelischen Schrift "De anima" und ihre Bedeutung für die Musiktheorie, 2 Bde. Pfaffenweiler: Centaurus 1987 (Musikwissenschaftliche Studien hg. Von H.-H. Eggebrecht 4)


Herausragende Seminararbeiten

Susanne Bach. Der Mythos Orpheus

Frederik Graff. Asklepios. Versuch einer Deutung des Bezugs von griechischer Mythologie zu gregorianischem Choral

Helene Hamel. Die Lyra im „Staat“. Zur Symbolik von Musikinstrumenten im antiken Denken

Inga Hoffmann. Das Sternbild Cygnus. Beschreibung seiner Mythologie, der christlichen Umdeutung und seine Bedeutung in der Kunst

Dario Radisic. Jason und die Argonauten. Überlegungen über die musiksymbolische Bedeutung von Spielen und Schwert- bzw. Stock-Tänzen, die sich auf die Sternenkonstellation der Argo beziehen


‍ 








Munizipaltheater von São Paulo. Foto A.A.Bispo. Archiv ISMPS
Sala del Mappamondo, Palazzo Farnese, Caprarola
Sala del Mappamondo, Palazzo Farnese, Caprarola
Sala del Mappamondo, Palazzo Farnese, Caprarola
J.F. Lafitau, Allgemeine Geschichte der Länder und Völkeer in Amerika 3. Theil, 1752