AKADEMIE FÜR KULTUR- UND WISSENSCHAFTSWISSENSCHAFT

INSTITUT FÜR STUDIEN DER MUSIKKULTUR DES PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUMES

ISMPS

neue diffusion
ein dokumentationsprojekt

Die Musik Brasiliens

Universität Köln
Seminar – SS 2001



Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo


Außerplanmäßige Professur
gefördert als Stiftung für Musikologische Kulturanalyse/Kulturanalytische Musikologie
von der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS

unter besonderer Berücksichtigung von Fragen des Bildes Brasiliens

In Anschluss an den
Internationalen Kongress Musik und Visionen, Deutsche Welle unter der Schirmherrschaft der Brasilianischen Botschaft, 1999

Zur Vorbereitung für die Teilnahme von Studierenden am Kolloquium Brasil 2001 und am
Internationalen Kongress Musik, Projekte und Perspektiven in Rio Grande do Sul, São Paulo und Rio de Janeiro, 2002




Samba, Bossa Nova, Brazil-Electro, Lambada. Garota von Ipanema. Tom Jobim. Oder Tico-Tico no Fubá. Musik aus Brasilien wird überall gehört und ist weltweit populär. Nicht nur in Lounges und Strandbars oder als Hintergrundmusik in Wartehallen und Fahrstühlen. Brasilien genießt den Ruf, ein Land musikalischer Menschen, ja selbst ein musikalisches Land zu sein. Brasilien ist auch im Konzertleben weltweit bekannt vor allem durch Heitor Villa-Lobos, Komponist vom internationalen Rang des 20. Jahrhunderts, von dessen umfangreichen Werk vor allem seine Gitarren-Musik überall im Repertoire des Instruments präsent ist. Unzählig sind die Tonträger mit Musik brasilianischer Komponisten, Videos und Texten zur brasilianischer Musik im Internet.  

Die Vielfalt der Musik Brasiliens wird in Publikationen, Vorträgen und Tagungen gepriesen. So wurde das Verhältnis zwischen Vielfalt und Einheit Thema eines Internationalen Symposiums zu Fragen von Musik und Kultur Brasiliens 1981 in São Paulo, in dessen Rahmen die Brasilianischen Gesellschaft für Musikwissenschaft gegründet wurde, und dem das erste deutsch-brasilianische Musikforum 1981 in Europa folgte. Diese Vielfalt wird oft positiv, fast hymnisch als kultureller Reichtum besungen, ihre problematischen Aspekte müssen allerdings auch von der Forschung beachtet werden.

Munizipaltheater São Paulo. Foto A.A.Bispo

Derjenige, der sich mit Brasilien beschäftigt, ist stets mit den Widersprüchen und Kontrasten in Bildern, Berichten, Erfahrungen und  medialer Vermittlung des Landes konfrontiert. Wie leitende Bilder des Landes veraltern, so veraltern auch Darstellungen und Deutungen. Brasilien wurde vor nicht so langer Zeit als paradiesisches Land der Zukunft von Stefan Zweig gelobt. Brasilien beeindruckt durch seine Naturschönheiten, seine aufstrebenden Metropolen, seine Lebensfreude, die sich vor allem im Karnaval zeigt, schockiert aber auch durch herrschende Armut, Not und Gewalt. Es fasziniert durch die wunderbare, ja eimaligen Pracht seiner Wälder und entsetzt durch deren Zerstörung und Plünderung. Ein Land, das versucht, sich zu konstruieren, indem es sich ausraubt und verbrennt. Schönheit einerseits und abgrundtiefe Hässlichkeit andererseits, Fröhlichkeit und tiefe Trauer. Protzend in Selbstüberschätzung einerseits und Mitleid erheischend andererseits. Sympathie und abgrundtiefe Antipathie erzeugend.

Brasilien ruft widerstreitende Affekte und innere Bewegungen hervor, die zwischen Ekstase und Empörung pendeln, zwischen Ideal und verklärtem Blick bis zu einer bitteren Erkenntnis der Realität. Dies ist die Musik Brasiliens in übertragenem Sinn des Wortes, denn Musik ist es, die Affekte bewegt. Eine Musik, die immer unerträglicher durch die sie begleitenden lauten Geräusche wird.

Munizipaltheater São Paulo. Foto A.A.Bispo

Die viel besungene Vielfalt der Musik Brasiliens in epochaler und regionaler Hinsicht – ob Kunst-, Volks- oder Popularmusik – ist zwar real, ein Reichtum, aber auch ein Topos. Die Musik Brasiliens verändert sich zusammen mit dem Fremd- und Eigenbild des Landes. Ihre Erforschung kann sich nicht darauf verlassen, wie es Nationalisten vor Jahrzehnten glaubten, dass sie eine für immer festgefügte Identität, die endlich erreicht wurde, ausdrückt. Brasilien war in erster Linie das indigene Land mit seinen unermesslichen Urwäldern, seiner Schönheit und Pracht. Brasilien war die aufstrebende Kolonie mit der Hauptstadt Salvador in Bahia, ein Zentrum des Katholizismus. Brasilien war für die Niederländer das wirtschaftlich verheißende Pernambuco mit seinen Zuckerrohrplantagen, Brasilien war das Land des Goldes von Minas Gerais, Brasilien war das mit Portugal vereinigte Königreich mit Rio als Sitz eines europäischen Könighofes, Brasilien war das Kaiserreich von Pedro I. und Pedro II. Es war im II. Kaiserreich das in der ganze Welt geachtete Land, dessen Kaiser ein Freund der Wissenschaften und der Philosophie war. Dem folgte ein Brasilien, desses Bild durch die republikanische Macht der Großgrundbesitzer und des Militärs, von „Ordnung und Fortschritt“, wie es im Himmel der Flagge steht, vom blendenden Umbau von Rio de Janeiro, vom wirtschaftlichen Drang, von einem Land der Zukunft geprägt wurde. Allmählich wurde es vor allem zum Land von Samba, Fußball und – politisch peinlich unkorrekt – „Mulatas“. Die Tendenz, stereotypisch zu denken, prägt weiterhin Darstellungen der Musik Brasiliens, die sensationalistisch Samba, Capoeira und Candomblé plakativ in den Mittelpunkt stellen.

Das Bild Brasiliens, das über eine längere Zeit währte, war das des grünen Landes unermesslicher Wälder – so wurde es von Renato Almeida in der Einleitung der Geschichte der Brasilianischen Musik besungen –, und auch des größten katholischen Landes der Welt. Gerade dieses Bild wird gegenwärtig vor allem unter Wirkung sich ausbreitender Indoktrination durch evangelikale Sekten und der fortschreitenden Verwüstung der Natur gründlich erschüttert – ein Prozess mit offenem Ausgang. Die Musikforschung muss sich auf die in der Vergangenheit und Gegenwart veränderten Stile einstellen und sie in ihren jeweiligen Kontexten analysieren. Sie soll versuchen, Ansätze zu finden für reflektierte Vorgehensweisen in der Erwartung, dass eine Musik entsteht, welche wertorientierte Wirkungen zeitigt, die mit der Bewahrung der Natur und Achtung der indigenen Kultur im Einklang stehen.

Das Verhältnis zwischen Musik und Bild sowie auch das Visionäre waren Themen des Internationalen Kongresses „Musik und Visionen“, der in der Deutschen Welle 1999 von der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS als Eröffnung eines Trienniums wissenschaftlicher Tagung zum 500-Jahr-Gedenken der Entdeckung Brasiliens veranstaltet wurde.

Munizipaltheater São Paulo. Foto A.A.Bispo

Die Auseinandersetzung mit der Beziehung der Musik Brasiliens zum eigenen und fremden Bild des Landes ist im Sinne des Images des Landes und somit für seine Repräsentation von erheblicher Bedeutung. Bezeichnenderweise spielte Musik in der Kulturdiplomatie eine bedeutende Rolle und einige ihrer Forscher und Komponisten standen im diplomatischen Dienst. Die Förderung der Musik im Dienste der Außenwirkung und der Staatsbeziehungen hat auch Rückwirkungen auf das Land selbst, da bestimmte Repertoires und Künstler unterstützt werden. Die Musikgeschichte Brasiliens ist von diesen multilateralen Beziehungen geprägt. Das Bild des Landes und die Musik, die ihm entspricht, veränderten sich jedoch im Verlaufe der Geschichte. Prägende Charakteriska und Stereotypen wandelten sich in komplexen Wechselbeziehungen zur Musik und veralterten oder verjüngten sich.

Früher war beispielsweise Brasilien nicht durch Samba oder Bossa Nova, sondern etwa durch Maxixe und Modinhas international bekannt. Der brasilianische Komponist schlechthin war Antonio Carlos Gomes (1836-1896), und seine Oper „Il Guarany“ weltweit das musikalische Emblem des Landes. Die Musik Brasiliens ist nicht nur je nach Region und sozialem Kontext vielfältig, sondern auch im epochalen Sinn. Sie war zu unterschiedlichen Zeiten anders. Auch das Bild des Landes, das sie bewirkt, hat sich verändert und verändert sich. Es ist unangemessen, Musik und Bild Brasiliens aus heutigen Wahrnehmungen anachronistisch auf frühere Zeiten zu projezieren und die Musik vergangener Epochen von heute aus zu deuten, sie lediglich als Vorstufen für eine Musik zu sehen, die wesenhaft Ausdruck einer endgültig erreichten Brasilianität ist. Und die Indios?

Villa Gomes. Mangianico,Lecco.Foto A.A.Bispo

Zur Entwicklung der Forschung

Die Forschung der Musik Brasiliens ist nicht so jung wie es zunächst erscheinen mag. Die Leistungen der Autoren des 19. Jahrhunderts ist bei weitem nicht ausreichend anerkannt. Es braucht nur u.a. an die lexikographischen Arbeiten eines Raphael Coelho Machado oder Isaak Newton gedacht zu werden. Aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts sollte u.a. an die Forschertätigkeiten an der Nationalmusikhochschule in Rio de Janeiro oder an die Musikgeschichte Brasiliens von Theodoro de Mello aus Bahia erinnert werden. Eine außergewöhnliche Leistung – leider in der nationalistischen Musikhistoriographie ungerecht beurteilt – war die Storia della Musica nel Brasile von Vincenzo Cernicchiaro, die in Mailand 1926 erschienen ist. Zu derselben Zeit entstand die Brasilianische Musikgeschichte von Renato Almeida, ein Werk, das die Musikgeschichtsschreibung über Jahrzehnte prägte. Unumgänglich ist die Beschäftigung mit Denken und Werken von Mário de Andrade, kenntnisreich fundiert und zukunftsweisend in vielfältiger Weise. Unter ihm wurden vom Kulturamt der Stadt São Paulo in den 1930er Jahren die historische volkskundliche Forschungsexpedition zum Nordosten Brasiliens sowie der Congresso da Lingua Nacional Cantada mit seiner Sitzung zu Musikwissenschaft in São Paulo realisiert. Ein Markstein in der Geschichte der Musikforschung war auch die Einrichtung des Lehrstuhls für Folklore in Rio de Janeiro unter Leitung von Luís Heitor Correa de Azevedo.

1965/66 wurde das Bewusstsein für eine notwendige Neuorientierung der Musikstudien in Brasilien geweckt, die eine Bewegung entstehen ließ, die weiterreichende Folgen für die Entwicklung des Denkens zeitigte. Sowohl in der Musikgeschichte als auch in der musikalischen Volkskunde und Analyse wurde die Überprüfung von Perspektiven und Ansätzen als eine dringende Aufgabe erkannt. Die nationalistische Ideologie bestimmte Sichtweisen und Themen in der Literatur und in den Lehrplänen. Mehrere Sphären des Musiklebens – wie die Salon-, Unterhaltungs- oder Blaskapellenmusik – fanden nämlich in der so ausgerichteten Forschung keinen Platz. Die nationalistische Perspektivierung der Geschichte führte zur Entwertung der Musikgeschichte der älteren Vergangenheit des Landes. Die Popularmusik, deren Bedeutung mit den Festivals, ihrer Präsenz in den Medien und der Wirkung auf die Jugend unübersehbar wurde, wurde in den etablierten Lehrplänen und Publikationen nicht beachtet.

Die Überwindung einer Denkweise nach Kategorisierung des Forschungsgegenstandes in Kunst-, Volks- und Popularmusik erwies sich als notwendig. 1968 wurde schließlich die Gesellschaft Nova Difusão mit ihrem Zentrum für musikwissenschaftliche Studien eingetragen, die für eine Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf Prozesse und eine Überprüfung von Ansichten und Kriterien, eine Erforschung der Forschung eintrat. Die Diskussion wurde auf Hochschulebene durch die Einführung musikwissenschaftlicher Fachbereiche an der Fakultät für Musik und Musikerziehung des Musikinstituts São Paulo fortgesetzt. Sie bestimmte die Orientierung in Lehre und Forschung in der  Musikethnologie und in der Ästhetik in historischer, kulturwissenschaftlicher und systematischer Hinsicht.

Diese Diskussion über die Musikforschung Brasiliens setzte sich auf internationaler Ebene in Europa Mitte der 1970er Jahre fort. Der Frage nach den Tendenzen des Denkens und der Forschung wurde u.a. in Köln im Rahmen des von Robert Günther geleiteten Projekts zur Musikgeschichte Lateinamerikas des 19. Jarhunderts weiter nachgegangen. Mit portugiesischen Musikforschern wurden Wege erörtert, um die Musikwissenschaft auf Universitätsebene in Portugal und Brasilien einzuführen. Aus diesen Debatten erwuchsen auch Projekte, die u.a. in dem internationalen Symposium zu Musik in Brasilien 1981 ihren Niederschlag fanden, in dem die Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft ins Leben gerufen wurde. Es folgten ein intensiver Gedankenaustauch und Diskussionen bei Treffen und Versammlungen, bei denen Kriterien, Perspektiven, Projekte und Vorgehensweisen beraten wurden. Nach dem ersten deutsch-brasilianische Musikforum in Leichlingen/Köln 1982 führte die Debatte über Ansätze zu einer kulturwissenschaftlichen, prozessorientierten Forschung zur Gründung des Instituts für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes 1985.

Die Notwendigkeit einer Bestandsaufnahme der Studien und Projekte in der Musikforschung bestimmte die Thematik des I. Brasilianischen Kongresses für Musikwissenschaft, der im Villa-Lobos-Jahr 1987 in São Paulo stattfand. Beim II. Brasilianischen Kongress für Musikwissenschaft im Jahr 1992, der zum Anlass des 500-Jahr-Gedenken der Entdeckung Amerikas in Rio de Janeiro realisiert wurde, wurde der Fokus gerichtet auf Fragen der Grundlagen der Forschung sowie auf das Gesamtamerikanische und die indigene Kultur. Von ihm wurde ein Projekt zur Erhebung von Quellen zur indigenen Musikkultur sowie zu ihrer Aufwertung in der Musikforschung auf den Weg gebracht, das in allen Regionen des Landes in Universitäten, Museen und Kulturzentren diskutiert wurde.

Der internationale Kongress „Musik und Visionen“  von 1999 thematisierte erneut zum Anlass des 500-Jahr-Gedenken der Entdeckung Brasiliens die Bedeutung des Visuellen auch im Sinne von Visionärem, von leitenden Vorstellungen und Zielvorhaben, vom Entwerfen von Zukünftigem und somit von Prozessuellem. In ihm und in nachfolgenden Seminaren, Vorträgen und Tagungen wurden Positionierungen und Sichtweisen in verschiedenen thematischen Zusammenhängen behandelt. Das damit begonnene Triennium wissenschaftlicher Arbeiten zu diesem Anlass fand seinen Abschluss mit dem internationalen Kongress Musik, Projekte und Perspektiven 2002 mit Sitzungen in Rio Grande do Sul, São Paulo und Rio de Janeiro. Bei diesem Kongress wurden rezente Ansätze zur Neuorientierung der Kulturwissenschaft in ihrer Rezeption in der theoretischen Debatte über die Musikforschung Brasiliens sowie in ihrer Potenzialität für die Zukunft besprochen. Erneut wurde dabei die Notwendigkeit hervorgehoben, dass sich die Beschäftigung mit der Musik Brasiliens in Deutschland nicht folkloristisch und sensationalistisch etwa auf Samba, Capoeira und Candomblé beschränken sollte, sondern sich der Auseinandersetzung mit theoretischen Überlegungen und Ansätzen zur Erneuerungen der Kulturwissenschaft und der Praxis in Forschung, Erziehung, Musikleben und -schaffen sowie in der Musikerziehung in Brasilien selbst öffnen sollte.

Die Diskussion wurde bei einem interkulturellen Kolloquium 2004 fortgesetzt, das zum Anlass des 450-Jahr-Gedenken der Gründung von São Paulo unter Teilnahme von Dozenten und Studierenden der Universitäten Köln und Bonn stattfand. Fragen zu Quellen, ihrer Aufbewahrung und Auswertung in Dokumentationszentren als Grundlage der Musikforschung wurden im Centro Cultural São Paulo diskutiert. In der Abschlusssitzung an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro wurden mit der Academia Brasileira de Música laufende Projekte sowie die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Musikforschung besprochen. Bei diesem Kolloquium wurde das Desiderat formuliert, die Geschichte und Gegenwart des Denkens in der Musikforschung Brasiliens in einem musikwissenschaftlichen Seminar in Deutschland zu behandeln, damit Grundlagen geschaffen werden, um die theoretische Debatte im internationalen Austausch fortzuführen.

Villa Gomes. Mangianico,Lecco.Foto A.A.Bispo

Vorangegangenes

2004. Internationales Kolloquium Interkultureller Studien. Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft. Centro Cultural São Paulo, Universität Bonn u.a.

2003/04. Geschichte der Popularmusik Lateinamerikas. Vorlesung. Musikwissenschaftliches Seminar der Universität Bonn

2002. Internationaler Kongress Musik, Projekte und Perspektiven. Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS. Bundesuniversitäten von Rio Grande do Sul, São Paulo, Rio de Janeiro u.a.

2002. Gemeinsame Sitzung mit der Nationalbibliothek Rio de Janeiros

2001. Brasil 2001. Stand und Tendenzen der Forschung zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Kolloquium Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS. Köln

1999. Musik und Visionen. Internationaler Kongress zum 500-Jahr-Gedenken der Entdeckung Brasiliens. Deutsche Welle. Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS. Brasilianische Botschaft, Universität Köln, Coimbra, Lissabon, Porto, São Paulo, Rio de Janeiro u.a. Köln

1997-1999. Vorlesungsreihe Musik in der Begegnung der Kulturen. Universität Köln

1992-2002. Projekt zur Erfassung des Wissens über die indigene Musik. Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland. Außen- und Kulturministerium Brasiliens. Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft. Universitäten Bonn, Rio de Janeiro, São Paulo, Lissabon u.a.

1991. Musikforschung und -denken in Alagoas. ISMPS. Historisches und Geographisches Institut. Maceió

1991. Musikforschung und -denken in Sergipe. ISMPS. Historisches und Geographisches Institut. Aracajú

1991. Musikforschung und -denken in Pernambuco. ISMPS. Archiv des Real Gabinete Portugues de Leitura u.a. Recife

1987. Stand der Musikforschung Brasiliens. I. Brasilianischer Kongress für Musikwissenschaft. Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft, Kultursekretariat São Paulo, Universität des Staats São Paulo, Rio de Janeiros, Minas Gerais, Goiás u.a. São Paulo

1985. Gründung des Instituts für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes. Köln

1984. Kolloquium mit L.H. Correa de Azevedo in der Bibliothek I. Goüin. Royaumont

1981. Gründung der Brasilianischen Gesellschaft für Musikwissenschaft. Museum der Universität São Paulo

1975. Bibliographische Studien. Arbeitsgruppe Portugal-Brasil. Universität Köln

1975. Bibliographie der Ethnologie Brasiliens. Völkerkundliches Institut, Universität Köln

1972-1974. Bibliographie der Musikethnologie. Fachbereich Musikethnologie. Fakultät für Musik und Musikerziehung São Paulos

1968. Gründung des Zentrums für musikwissenschaftliche Forschungen. Gesellschaft Nova Difusão. São Paulo

1968. Gründung des Interkulturellen Archivs der Gesellschaft Nova Difusão

1967. Erhebung der Bibliographie - Bibliothek Oneyda Alvarenga, Archiv des Staates São Paulo






Teatro da Paz, Belém. Foto A.A.Bispo

Zum Seminar in Köln 2001

Im Sommersemester 2001 wurde an der Universität Köln im Anschluss an den Kongress Musik und Visionen in der Deutschen Welle ein Seminar zur Musik Brasiliens veranstaltet. Es wurde in enger Zusammenarbeit mit der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft/ISMPS veranstaltet, die ein mit dem Kongress eröffnetes Triennium wissenschaftlicher Veranstaltungen zum Anlass des 500-Jahr-Gedenkens der Entdeckung Brasiliens organisierte. Das Seminar sollte nicht nur Vorträge und Debatten des Kongresses eingehend studieren und diskutieren, sondern auch der Vorbereitung des Kolloquiums Brasil 2001 und des geplanten Abschlusskongresses des Trienniums zum Thema Musik, Projekte und Perspektiven dienen, der in Brasilien 2002 stattfinden und an dem Studierende aus Köln mitwirken sollten.

Gemäß dem Ansatz der Akademie für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft wurde die Aufmerksamkeit auf Prozesse ausgerichtet, die in Geschichte und Gegenwart nicht nur die Kunstmusik, sondern auch die Volks- und Popularmusik sowie die indigenen Musikkulturen betreffen, da die Trennung von Sphären bzw. Kategorien der Gegenstände der Betrachtung nicht dem vertretenen Ansatz einer prozessorientierten, interdisziplinären Musikforschung entspricht. Allerdings wurde aus pragmatischen Gründen eine programmatische Gewichtung vorgenommen, da auch für die empirische Forschung von Spielen, Tänzen oder tradierten Musikpraktiken sowie für die indigene Musikkultur eigene Lehrveranstaltungen angeboten wurden. Das Hauptaugenmerk lag auf der Betrachtung der namhaftesten Vertreter des Musikschaffens Brasiliens. Anhand der Literatur, der vorausgegangenen Forschungsarbeiten und der Analyse von Werken sollten deren Ansichten und musikästhetischen Tendenzen im Licht der sozialen und politischen Prozesse betrachtet werden, in die sie sich einfügten. Für die Betrachtung der Forschung selbst, der Autoren, Denker und Forscher, der Fachliteratur, der Erwähnung der Musik in Reiseberichten, der Institutionen der Forschung und Lehre, der Kulturpolitik und der Netzwerke in der Ideengeschichte und in den institutionellen Beziehungen sollte eine gesonderte Lehrveranstaltung angeboten werden, die 2006 erfolgte.

Die Seminarteilnehmer sollten sich mit einzelnen Komponisten, deren Werken in ihrem eigenen sozialen und kulturgeschichtlichen Kontext sowie in ihren politischen Ausrichtungen auseinandeersetzen. Anhand einer Literaturliste wurden die Entwicklung und der Stand der Forschung im allgemeinen und hinsichtlich einzelner Komponisten besprochen. Gleichzeitig wurde eine Zusammenstellung der im Handel befindlichen oder vergriffenen Tonaufnahmen zur Musik Brasiliens insgesamt und anhand einzelner ausgewählter Titel kommentiert. Die wichtigsten Forschungszentren, Musikfakultäten, Archive, Museen, Fachgruppen und Institutionen der Musikforschung in Brasilien sowie Zentren der Brasilien-Forschung und der lateinamerikanischen Studien im allgemeinen in Nordamerika wurden einführend berücksichtigt. Die Entwicklungen wurden erörtert, die zur Gründung der Brasilianischen Gesellschaft für Musikwissenschaft 1981 führten, sowie die Rolle, die deutsche Musikwissenschaftler dabei spielten. Eine besondere Aufmerksamkeit erfuhren der I. (1987) und II. (1992) brasilianische Kongress für Musikwissenschaft. Die Situation der Forschung und der Studien, die Thema des ersten Kongresses war, wurde unter Berücksichtigung der seitdem erschienenen Publikationen dargelegt.

Teatro Amazonas, Manaus. Foto A.A.Bispo

Kommentare ausgewählter Themen des Kongresses „Musik, Projekte und Perspektiven“

Musik und Philosophie in der Geschichte deutsch-brasilianischer Beziehungen

Musikwissenschaftliche Forschung. Kulturgeschichte und Didaktik identifikatorischer Formungsprozesse

Immigranten im kulturgeschichtlichen Formungsprozeß von Identitäten

Potential einer kulturwissenschaftlich orientierten Musikwissenschaft

Dimensionen der Musik in der ökumenischen Annäherung der Kulturen

Geschichte und Gegenwart sozio-kultureller Netzwerke zur Erhaltung und Entwicklung sprachlicher und kultureller Identität der Nachfolgegenerationen von Immigranten

Postkoloniale Kulturstudien und Musikforschung

Nationalismus und Universalismus vor dem Hintergrund transnationaler Musikauffassungen

Autoritäre Konzeptionen in der Musikforschung

Stand und Defizite internationaler Informationsübermittlung und musikalischer Vermittlung

Philosophie und Musik, Musik als Weg zur Philosophie

Theologische Grundlagen der Musik oder Konzept von Theologie als Teil verschiedener Formen des Wissenschaftlich

Immigrationsforschung in Musik- und Kulturwissenschaft

Erforschung und Inventarisierung des musikwissenschaftlich relevanten Kulturbestandes

Permanenz, Wandlung und Regenerierung von Traditionen in Einwanderungsgebieten

Museologie der Immigration und Kolonisation. Problem der Selektion und Integration von Kulturelementen

Ethnizierungen und Gruppen-Identitäten

Musikwissenschaftliche und kulturgeschichtliche Positionierungen und Neuorientierungen

Konzeptionen musikpädagogischer Handlungsfelder in realitätsbezogenen Interaktionen

Konzepte von Theorie und ihrer Didaktik in Hinblick auf die identifikatorische Strukturierung. Perzeption als Wahrnehmung des Selbst durch die MusikalischerTransdisziplibärer Einsatz der Musik im integrierten Gesamtbildungsmodell in ethischer Verpflichtung

Berufsorientierte Konzeptionen und außerschulische musikpädagogische Dienstleistungen

Erforschung von musikalischen Lernprozeß und Identitätspräsentationen zur Entwicklung alternativer Diskurse und Methoden für die Musikerziehung

Musikgeschichte symbolischer Organisationsprinzipien des Wandels in interaktiven Spannungsfeldern ruraler und stammesbezogener Gesellschaften

Rurale Musik- und Kulturidentität im globalen Gebäude des Wissens

Interaktion von Systematik und Geschichte in der Analyse musikhistorischer Mechanismen transformatorischer Kulturidentitäten

Mediävistik und empirische Kulturforschung ruraler Traditionen

Transregionale Grundstrukturen und Ausdifferenzierung symbolischer Ausdrucksweisen von Tänzen auf Grund von Umweltfaktoren

Forschungsperspektiven zu neueren religiösen Praktiken imn Hinblick auf Kontaktsituationen von semniruralen und Stammesgesellschaften

Provinzialität und Universalität in der Geschichte von Musik- und Kulturkonzepten

Soziokulturelle Marginalisierungen im Binnenland. Ethnizierung und Inszenierung als Strategie kulturpolitischer Aufwertung subalterner Gruppen

Mobilität in der Musikgeschichte: Horizontale und vertikale Bewegungen im Prozeß zunehmender Verstädterung

Musik bei der Umformung von Mentalitäten. Resignifikation traditierter Kulturpraktiken als Querstrategie der Veränderung

Litorale Kulturforschung und Ökologie

Erneuerungsdynamik in Musik- und Kulturwissenschaft aus internationalen Vernetzungen und Soilidaritäten. Nova Musicologia

Zwischen Geschichte signifikanter Ereignisse und Erforschung der Alltagskultur

Memoria und Musik in der Methodik der Kulturumformung

Eurozentrische Erfahrung der Alteralität in der Anamnese reformatorischer Mentalitätsgeschichte

Wege des Meeres und der Erde im Durchkreuzungsprozeß der Kulturen

Rekonstruktion der Mentalitätsgeschichte aus dem musikhistorischen Gedächtnis radiärer Zentren des Hinterlandes

Residuen des kolonialen Mutterlandes in der Alltagskultur isolierter Gebiete

Stabilität und Destabilisierungen bedeutungsorientierter Funktionen von Kulturpraktiken

Transnationale Memoria und kollektive Repräsentationen

Memoria, Permanenz, Perspektiven und Analysen tradierter Repräsentationen

Kulturanthropologische Experimenten an Universitäten

Tonarchive: Dokumentation von Prozessen der Erschließung Zentralbrasiliens und Amazoniens im 20. Jahrhundert


Kommentierte Komponisten und Werken

Abreu, Zequinha de.
Aguiar, Ernani.
Alimonda, Heitor
Almeida Penalva, José
Alvares Lobo, Elias
Alves de Mesquita, Henrique
Antunes, Jorge
Barbosa de Araújo, Damião
Barroso Netto, J.A.
Benedictis, Savino de
Blauth, Breno
Braga, Ernani
Braga, Francisco
Brandão, José Vieira
Bussmeyer, Hugo
Camargo Guarnieri, Mozart
Cameu, Helza
Campos, Meneleu
Cantú, Agostino
Cardoso, Lindembergue
Carvalho, Dionrá de
Caymmi, Dorival
Catunda, Eunice
Cerqueira, Fernando
Correa de OIliveira, Willy
Cosme, Luís
Delgado de Carvalho, Joaquim Torres
Ficarelli, Mário
Freitas e Castro, Ênio
Gnatalli, Radamés
Gomes, Antonio Carlos
Gomes de Araújo, João
Guerra-Peixe, César
Itiberê da Cunha, Brasílio
#itiberê da Cunha, João
Kiefer, Bruno
Lacerda, Osvaldo
Levy, Alexandre
Levy, Luís
Mahle, Ernst
Mendes, Gilberto
Mignone, Francisco
Nazaré, Ernesto
Nogueira, Theodoro A.
Paixão Cearense, Catulo da
Pires de Campos, Lina
Santoro, Cláudio
Sepe, João
Silva Calado, Joaquim Antonio
Souza Lima, J. de
Tacucchian, Ricardo
Velasquez, Glauco
Villa-Lobos, Heitor


Herausragende Seminararbeiten

Ana Sánchez Boyero. La Fiesta de Cristianos y Moros en la Cultura y Psicología Popular Brasileña. Cuestiones de la Investigación y su significado futuro

Elena Schwenzel. Dokumentarfilme über Brasilien als Ausgangsbasis brasilianischer Studien am Beispiel von Musik und Riten brasilianischer Ureinwohner

Kati Ulrich. Überlegungen zum Radio in Brasilien im Vergleich zur Situation in Deutschland

Natalya Suvorova. Vorbilder russisch-brasilianischer Kulturbeziehungen. H. Villa-Lobos und S. Diaghilew, Musik und Ballett